Sonntag, 15. März 2009

Schande über uns Deutschlehrer

Was hat man ihm nur angetan?
Wahrscheinlich das, was so viele Schüler in der Tat von uns geboten bekommen.
Hören Sie mal hinein, dafür gab es gestern Abend den Deutschen Kleinkunstpreis:



Ich finde den Teil mit der Rechtschreibreform schwach, das Thema ist durch und es war eigentlich in der Schule noch nie wichtig, die Sache ist meiner Meinung jetzt da, wo sie hingehört, in der Abteilung "Nicht so ernst nehmen".
Nachdenklich machen mich die Passagen über die Glaubwürdigkeit von Deutschlehrern. Besonders in der Oberstufe kann seit Einführung des Zentralabiturs keine Rede mehr sein, von Authentizität, von Betroffenheit, Freude, Spaß oder sogar Herzblut im Zusammenhang mit den Inhalten, die dort bearbeitet werden müssen.
Nur Bildungsbürgers braver Quark und den immer wieder.
Ich habe beim letzten Durchgang meinen Schülern gegenüber erst gar nicht mehr so getan, als fände ich Maria Stuart genau jetzt passend und für sie erhellend, ein Lesevergnügen.
Wir haben uns schnell fit gemacht für die unvermeidlichen, absehbaren Abiturfragen und uns dann interessantere literarische und sprachliche Aufgaben gesucht.
Wir Deutschlehrer seien das "Abführmittel der Kultur" singt Sebastian Krämer. Klingt hart und ich verstehe es nicht ganz, immerhin tröstet er uns ein wenig, wenn er abschwächt, dafür könnten wir ja nichts, das sei eben unsere "Aufgabe in der Gesellschaft". Das widerum klingt putzig, so nach naiver Gesellschaftskritik a la angepasstem Streberschüler.
Na ja, da hat's uns der Herr Krämer mal so richtig gegeben und er hat wahrscheinlich nicht immer unrecht, oder?

13 Kommentare:

  1. Ich kann nur (für mich) sagen: Das geht mich nichts an. Offenbar hat der Herr Kleinkünstler schlechte Deutschlehrer gehabt und kennt viele Leute, denen es ebenso erging. Das muss nicht notwendigerweise mit mir zu tun haben, und ich muss es auch nicht witzig finden.
    Die Technik, eine unerfüllbare Erwartungsnorm aufzustellen und dann das erwartbare Scheitern zu konstatieren, ist mir zu billig. Wenn es je die Aufgabe des Deutschlehrers gewesen sein sollte, das "Wesen" der Nation zu formen und die ihm anvertrauten Eleven zu veredeln, dann ist das seit der Mitte des 19. Jahrhunderts passé.
    Falls es ironisch gemeint sein sollte, dann sind die Ironiesignale für mich zu schwach.

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  2. Ja, in Ordnung, das Stückchen Kleinkunst ließe sich jetzt relativ schnell auseinandernehmen und was rip sagt, das ist nachvollziehbar.
    Trotzdem geht es mich als Deutschlehrer etwas an, vielleicht liegt das aber daran, dass ich mich im Untergrund befinde, die Dinge gern auch untergründig betrachte.
    Schadet manchmal nicht....

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  3. > geht es mich als Deutschlehrer etwas an

    Nun: "irgendwie" schon. Ich habe mich wohl auch missverständlich ausgedrückt. Was ich sagen wollte: Ich weigere mich, dieses wirre, verzerrte Deutschlehrerportrait auf mich zu beziehen. Denn wenn ich alles, was in diesem Land über Deutschlehrer gesagt wird, persönlich nähme, dann wäre ich vermutlich bereits wegen Depression frühpensioniert.

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  4. Leute, seid ihr wirklich Deutschlehrer?
    Ich für meinen Teil bin es - und mit der Methode der Textanalyse kommt man durchaus auf den Aussagegehalt des Liedes.
    Es gibt in diesem Lied Dinge, die einen stutzig machen sollten. Beispielsweise die Tatsache, dass ein Herr Krämer, der diverse Preise für seine Fähigkeiten im Bereich "poetry-slam" erhalten hat, in diesem Lied davon singt, dass einem der Poetry-Slam erspart geblieben wäre, wenn es die Deutschlehrer nur früh genug in ihrem Unterricht "tot gekaspert" hätten. Na, klingelt's?
    Dieses Lied ist keine Kritik an Deutschlehrern. Dieses Lied zeigt auf, dass die gesellschaftliche Vorstellung von Deutschunterricht auf die heutigen Verhältnisse nicht mehr passt und kritisiert die Anspruchshaltung derer an Deutschunterricht, die ihn in der "früher üblichen" Form "genossen" haben. Deshalb die Erwähnung von Rechtschreibreform und die Aufzählung überkommener Klischees von Deutschlehrern (Pullunder, Steckfrisur).
    Er "kritisiert" als angelicher Ablehner der Rechtschreibreform (keine Ahnung, ob er sie wirklich ablehnt) und angeblicher Ablehner von poetry-Slam (lehnt er garantiert nicht ab, sonst hätte er es nicht selbst praktiziert) Deutschlehrer, die die Begeisterung ihrer Schüler für Harry Potter und das Internet ("my space blogs") teilen und beharrt auf der Vorstellung, dass Deutschlehrer doch ein klares Feindbild bieten und Langweiliges im Unterricht behandeln müssten. "Schande" über die Deutschlehrer, die ihre "Aufgabe in der Gesellschaft" nicht mehr wahrnehmen und Begeisterung für Literatur und "Schriftlichkeit" wecken.
    Hallo, wer wird denn da kritisiert? Doch nicht die Deutschlehrer!

    Sorry, aber sowohl der Text als auch die Kommentare erinnern mich an Schüler, die Prometheus als durchgeknallten Irren darstellen (wobei ich jetzt nicht Goethe mit Krämer vergleichen will - da liegen in der Tat Qualitätswelten dazwischen). Aber eigentlich bringt man doch seinen Schülern bei, dass man einen Text zuerst einmal analysiert, bevor man ein Urteil fällt. Das für uns selbst dann doch auch gelten.

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    1. was für ein Unsinn. Zunächst wäre es vorteilhaft, sich etwas über die Person Krämers zu informieren, z.B. auf Wikipedia (dessen Nutzung manche Lehrer ihren Schülern ja verbieten, unglaublich sowas), dann wüsste man, dass sein Vater, sic, Deutschlehrer war, Nicolai Hartmann sein Großvater und eine Tochter Christoph Stölzls seine Frau (ist). Anschließend könnte man sich noch ein paar weitere Lieder auf youtube anhören und wüsste sofort: das mit der Rechtschreibreform meint er garantiert ernst, ist überhaupt ein konservativer Bildungsbürger mit dem für diese Gruppe typischen Hang zu larmoyantem Kulturpessimismus ("falls euch Mythologie etwas sagt").
      Dass er an poetry slams teilgenommen hat (Anonym hat sich also doch etwas informiert, aber der Beruf des Vaters ihm entgangen? Was für eine Recherche), hindert nicht, dass er solcherlei jetzt nicht gründlich verachtet.
      Nun zu Krämers Kritik - die zielt selbstverständlich auf die Deutschlehrer und sagt in nuce: ok, ihr seid zwar langweilige Kulturaustreiber ("Abführmittel"), die alles, was sie im Unterricht anfassen, zu Scheiße verwandeln, aber in einem Punkt hört man doch auf euch: Selbstständig mit Doppel-st usw., also besinnt euch doch bitte wieder auf diese eure Kernkompetenzen, damit könntet ihr schon viel bewirken (keine Reform, kein Bushido) und hört endlich auf, euch euren Schülern anzugleichen (Harry Potter, myspace, modische Klamotten statt Cordhosen), und Hochkultur durch Anbiederei zu verkaufen ("Schiller war ein cooler Typ" usw.)
      Damit kommen wir zur immanenten Widersprüchlichkeit: Was genau sollen die Lehrer denn mit der Hochkultur anstellen? Einerseits aus dem Unterricht raushalten (wg. umgekehrtem Midas-Effekt), andererseits stay away from myspace, lest Musil statt Potter, aber behandelt ihn dann bloß nicht im Unterricht, da ihr ja Abführmittel seid?
      Die inhärente Logik überzeugt nicht so ganz, aber sonst ist es schon lustig: er nimmt Klischees (Cordhose usw.) und fordert ihre Erfüllung, da alles andere noch viel schlimmere ergebnisse zeitigt - wie gesagt, ein echter Konservativer ;-)

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  5. Schwer gezeichnet von der Textanalyse deines Kommentars, lieber "Anonym", frage ich:
    Krämer "kritisiert"...(in den Anführungszeichen steckt wohl etwas, das ich nicht verstehe?)... die Deutschlehrer aber:
    "Hallo, wer wird denn da kritisiert? Doch nicht die Deutschlehrer!"
    So.
    Jetzt noch die Sache mit Goethe, Prometheus und durchgeknallten Idioten...
    Aber vielleicht ist es besser, du erklärst es uns nochmal, sonst verstehen wir das wieder nicht.
    Gruß

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  6. Also ich finde Herrn Krämers Beitrag großartig.
    "Gerade wieder von einem Nacktmodell auf Playboy Late Night gehört..."
    Hier zeigen sich doch die ganze Misere und die schizophrenen Vorstellungen unserer Gesellschaft:
    Ist es als Deutschlehrer noch möglich den Spagat zwischen den wachsenden Anforderungen der Gesellschaft (die zum einen bezeichnenderweise Playboy Late Night konsumiert und zum anderen "traditionellen" Deutschunterricht fordert und unkonventionelles ablehnt)zu schaffen? Als angehende Deutsch- und Englischlehrerin sehe ich mich hier absolut repräsentiert: Als Sündenbock der Gesellschaft, der eine Gruppe aus Gehbehinderten,Durchschnittsbürgern und Hochleistungssportlern bei Nacht und Nebel, ohne Karte durch eine Sumpflandschaft und zum gleichen Zeitpunkt an drei verschiedene Orte bringen muss.

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  7. Hallo? Ernsthaft? Ich bin zwar erst 16 und nun gerade aus der Realschule raus und hab Morgen meinen dritten Tag an der neuen Schule, aber ich meine es wäre die siebte Klasse gewesen, in der man uns versucht hat beizubringen was Sarkasmus und Ironie ist.
    Ich bitte dich, lieber Autor des Textes, denk' doch mal bitte über den Text nach. Wenn er schon vorher sagt: "Es giebt schon einen der euch genug andere Vorwürfe macht. Das bin Ich". Dann kann man, wenn man Studiert hat meiner Meinung nach maximal zwei mal darüber nachdenken, wie ernst das gesamte Werk gemeint ist.

    Ganz ehrlich. Das kann doch nicht euer Ernst sein! Man muss sich doch nur mal diese Stelle mit Harry Potter anhören. Da ist doch alles klar!
    Oder "mit einer Melodie die ein Wenig über die Mühe verrät, die ich mit bei der Erarbeitung dieses Werkes gegeben habe". Und da beschwert ihr euch und fühlt euch beleidigt?

    Zum Ende hin würde ich gerne Volker Pispers zitieren, auch wenn dieser meiner Meinung nach in jenem zitiertem Werk auch etwas zu sehr auf die Populisten-Pauke gehauen hat: "... dann können Sie hinterher auch das Drittel Vollidioten wieder aussortieren, das derzeit als Lehrer getarnt an den Schulen herrumturnt..."
    Aber der meint das natürlich auch ganz ernst, wie alle Kabarettisten (auch über diese Äusserung sollte man unter Umständen mehr als einmal nachdenken, falls nötig, was es aber offenbar ist. Von der Deutsch auf Lehramt Studentin [um das Lied wengstens mal anzudeuten]und dem mir sehr sympathischen Lehrer einmal abgesehen).

    Also dann, bis neulich, liebes Drittel

    PS: Ich muss einfach meinen früheren Deutschlehrern, Frau Godoy, Herrn Weller und Herrn Sterz danken, das sie jeweils zu den andern beiden dritteln gehörten. Es sei denn natürlich eine dieser Personen hätte einen der oben stehenden und etwas ignorant wirkenden Texte verfasst.
    Ausserdem danke ich diesen Menschen aber wieder dafür, mir abermals bestätigt zu haben, das ein Studium keinesfalls Intelligenz oder Fachkenntnis beweist.

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  8. LOL :D Das hätte ich jetzt nicht erwartet, dass Deutschlehrer keinen spaß verstehen!?!? epicfail würde ich mal sagen...mfg ich....
    Ps. der macht sich nicht nur über euch lustig!
    und seit mal ein bisschen kritikfähiger!!!
    Danke!

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  9. OK, Spaß verstehen und kritikfähig sein.
    Wird gemacht.
    Bitteschön!

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  10. Genau. Ich habe mehrere Deutschlehrer in meinem Freundeskreis und war auch sehr lange mit einer Deutschlehrerin zusammen und ALLE alle wälzen sich vor Lachen auf dem Boden. Sebastian Krämers nimmt die Deutschlehrer nur liebevoll und detailiert auf die Schippe, sodaß es doch wohl für alle nicht komplett sozial retardierten Zuhörer erkenntlich sein sollte, dass es hier nicht GEGEN die Deutschlehrer per se geht, sondern gegen das System, in dem sie funktionieren müssen. Allen anderen, die diesen - nicht mal allzutief verborgenenen - tieferen Sinn nicht auf Anhieb checken, würde ich mal ne Aufenthalt in nem Schweigekloster oder auf nem Pilgerpfad empfehlen, um ein bißchen zu sich selber zu finden und ne Persönlichkeit zu entwickeln.
    Sebastian Krämers ist einer der begabtesten und hochdodiertesten "Kleinkünstler" im deutschsprachigen Raum. Wenn ihr das nicht checkt, dann müßt ihr halt nen kognitiven Gang zurück schalten und euch dem mundgerechten Haudrauf-Humor von Mario Barth hingeben, vielleicht versteht ihr den ja, ihr Spasten!

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